Wohnüberbauung Unterdorf
Projektwettbewerb, Speicher 2015

Gemeinde Speicher, Appenzell Ausserrhoden



Kompakte Streusiedlung

Die Figur der Siedlung orientiert sich an der für das Appenzellerland typischen Streusiedlung, durch die kompakte Anordnung entsteht eine weilerähnliche Situation. Sie entsteht aus dem Ort selbst; keine fremde Geometrie wird aufgezwungen. Ihre Gebäude werden parallel zum Hangverlauf gesetzt. Zuoberst macht ein kleineres Reihenhaus den Auftakt, während im beinahe ebenen Bereich unterhalb des Schlittelhanges die Neubauvolumen die bestehenden Bauten zum Weiler ergänzen. Sie schaffen die räumliche und volumetrische Anbindung an die umliegende Bebauung und spannen das Feld für die dazwischen eingestreuten Längsbauten der Siedlung auf. Sie stehen der Topographie folgend leicht ausgedreht zueinander. So entstehen die charakteristischen gemeinschaftlichen Aussenräume der Siedlung.
Der Hangverlauf bleibt durch die ganze Siedlung hindurch erlebbar.

Fliessender Wiesenhang, gemeinschaftliche Sonnenterrassen
Die Baukörper und Aussenräume verzahnen sich mit der Wiesenlandschaft, die auch künftig gesichert werden kann. Der Grundstruktur im Ort folgend werden die Wohnbauten über einen steilen Erschliessungsweg erreicht. Daran angedockt weiten sich hangparallele Terrassen zu gemeinsamen Vorplätzen, die jeweils mehrere Gebäude miteinander verbinden. Zwischen den präzise im Terrain eingepassten Baukörpern fächern sich allgemeine Spiel- und Aufenthaltsflächen auf. Dazwischen fliesst der Wiesenhang. Üppig blühende, der Fassade direkt vorgelagerte Gartenbänder prägen das Bild zum Tal und sind von den Bewohnern direkt nutz- und erreichbar. Die Sockelgeschosse werden mit Spalieren eingekleidet, die sich teilweise als vertikale Begrünungen bei den Terrassierungen fortsetzen. Über eine Himmelsleiter wird der Schlittelhang direkt mit den angrenzenden Wohngebieten verbunden. Die Bauten mit Gewerbenutzung sind mit ihren Aussenräumen funktional direkt der Erschliessungsstrasse angegliedert. Rückseitig öffnen sie sich zum Schlittelhang oder haben Anteil an der Bachöffnung mit Hochstauden und einzelnen Gehölzen.

Erschliessungsnetz, ober- und Unterirdisch
Das Erdgeschoss der ganzen Siedlung am Hang ist praktisch verkehrsfrei. Der Erschliessungsweg im Süden dient als Arealerschliessung für die Fussgänger und bleibt als Notzufahrt befahrbar. Er schafft die Vernetzung der Fusswegverbindungen zu den angrenzenden Nachbargrundstücken und führt zu den Häuserzeilen der Siedlung. Die einzelnen Hauseingänge liegen alle an den gemeinschaftlichen Aussenräumen. Mehr als 90 % des Fahrverkehrs erfolgt über die Einstellhalle. Der motorisierte Verkehr wird von der Arealeinfahrt auf kürzest möglichem Weg zur Einstellhalle geleitet. Die innenliegende Rampenerschliessung gewährt den problemlosen Betrieb während des ganzen Jahres. Erstellung und Unterhalt der kurzen Verbindungsrampen zwischen den einzelnen Ebenen der Einstellhalle sind im Vergleich zu einer oberiridischen Strasse sehr günstig. Den beiden im Norden liegenden Gebäude sind Parkplätze auf der untersten Ebene der Einstellhalle zugeordnet. Die Abfallsammlung wird zentral mit einer Containerstation nahe der Areal­zufahrt gelöst.

Etappierung, Genossenschaft und Eigentum
Die Siedlung als Gesamtfigur setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen, welche ebenso eine mögliche Etappierung darstellen können. Andere Bauetappen sind denkbar, das Siedlungskonzept und das vorgeschlagene Erschliessungssystem lassen dies zu. Drei Bereiche innerhalb der Siedlung werden ausformuliert: Der Hauptteil im Mittelgrund für genossenschaftliches Wohnen, die Ergänzung des Weilers im Norden mit Wohnen und geringen Gewerbeflächen als mögliche Erweiterung dazu. Der obere Teil der Siedlung kann für Wohnen im Eigentum vorgesehen werden. Auf das Erreichen der maximal möglichen Ausnützung unter Einbezug von 1/3 Gewerbeflächen in der Bauzone WG 60 wird verzichtet, hingegen ist die Ausnützung auf die Bebauung mit energieeffizienten Gebäuden ausgerichtet.

Massivbau kombiniert mit Holzelementbau
Für die Einbettung im Gelände, das Untergeschoss sowie den Erschliessungskern und Wohnungstrennwände wird Recyclingbeton für die Struktur des Siedlungssockels verwendet. Die Geschossdecken, Zimmertrennwände, Fassaden wie auch das Dach werden in Holz­elementbau erstellt. In die Ziegeldachlandschaft können Solarpanele eingearbeitet werden. Die geringe Gebäudetiefe ergibt keine kritischen statischen Spannweiten, jedoch bestmögliches Tageslicht und solare Energieerträge im Winter. Die klare Grundrissordnung ergibt eine ökonomische Baustruktur und Haustechnikerschliessung. Diese Bauweise beinhaltet die Möglichkeit des ökologischen, sortengetrennten Rückbaus und kann nach Minergie-Eco Standard erbaut werden.

Stubenfront und Scheunenseite
Die Gebäude nehmen bewusst Bezug zur Typologie des Appenzeller Bauernhauses. Sie zeigen auf der Talseite ihr Sonntagskostüm mit einer Interpretation der Stubenfront. Giebel mit Firstzimmerfenstern und die typische Bänderung von Brüstung mit Holztafeln und Fensterreihe zeichnen sie aus. Durch die Position und Höhenstaffelung der einzelnen Gebäude haben die meisten Wohnungen dazu eine unverbaubare Fernsicht und sind der aufgehenden Sonne zugewandt. Bergseits entspricht der Ausdruck mit den leicht her­vortretenden Küchenerkern, den angefügten Balkonen und Windfängen demjenigen von Wirtschaftsgebäuden. Diese Hangfassaden haben eine umlaufende Holzverkleidung. Sie haben direkten Bezug zum gemeinsamen Aussenraum der Siedlung und wenden sich der Nachmittagssonne zu.

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